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Der Dichter als suchender Einzelgänger

Schriftsteller, Dichter, Autoren werden immer wieder nach den Beweggründen ihrer Schreibarbeit, ihrer professionellen Schreibtätigkeit gefragt: „Warum schreiben Sie?“

Auch Heinz Piontek sieht sich mit dieser Frage konfrontiert, fast schon genötigt, darauf einzugehen.
In verschiedenen feuilletonistischen, essayistischen Betrachtungen und poetologischen Überlegungen legt er Rechenschaft ab und zieht Bilanz – bezüglich seiner Arbeit, seiner Motivation, seines Anspruchs sowie seiner Verantwortung und Aufgabe als Schriftsteller.

Heinz Piontek hinterfragt sich in seinem „Selbstverhör“ (1967); in seiner Selbstvergewisserung sucht er Orientierung und Standort. Er rechtfertigt und relativiert sein Schaffen, er distanziert sich vom Zwang (wirtschaftlichen) Erfolgs, sucht aber Bestätigung in einem Glücks- und Zufriedenheitsgefühl als Schreibender: eine Haltung, die letztlich unabhängig von der Anerkennung durch andere scheint.

In den knappen „33 Sätze(n) über mich selbst“ (1964) skizziert er sein Verständnis als Schriftsteller:

„Ich fing an, weil mir das Festhalten von Worten Freude machte“ (Selbstverhör, in: Heinz Piontek: Leben mit Wörtern, S. 80.

Schreiben als Glücksgefühl und Erfüllung, auch als innerer Zwang, der schließlich zum Beruf wird. (ebd. S. 80) Doch dieser Schritt vom bloß Angenehmen, Wohltuenden zum Professionellen bedarf einer Grundüberzeugung, nämlich dass Worte Veränderungen herbeiführen können, bei Piontek im Sinne einer Identitätsfindung. Er stellt lapidar fest:

„Zu etwas anderem bin ich nicht zu gebrauchen“ (ebd. S.79)

Der Autor Piontek selbst sieht sich in einer geistig-seelischen Nähe zu denen, die „buchstabierend etwas auszurichten gedachten“ (ebd. S.80) Und der Autor Piontek sieht sich in der Nähe seiner Leser; er festigt durch seine Worte die Beziehung zum Leser, der, in Übereinstimmung mit ihm, „Mut“ zu schöpfen vermag. Schreiben und Lesen, Produktionsprozess und Rezeption bedingen einander.

Schriftstellerdasein bedeutet für ihn, sich auf ein Wagnis einzulassen, nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in künstlerischer Hinsicht. Heinz Piontek legt sich nicht fest, er möchte sich „nicht spezialisieren“, vielmehr „verschiedene Ausdrucksformen“ probieren. Damit, so seine Überzeugung, gewinne ein Dichter an Profil, befreie sich von eingefahrenen Bahnen, selbst um den Preis eines erzielten Erfolgs. Experimentieren, Ausprobieren, Neues wagen – dies ist bei Piontek auch eine Stil- und Gattungsfrage. Sein umfangreiches Werk, die verschiedenen Gattungen und Genres sind Beleg seiner Haltung.
Er selbst akzeptiert zwar seine Kategorisierung als „Einzelgänger“, begründet diesen „Standpunkt“ auch durch das Wesen des Literaturbetriebs als „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ (33 Sätze über mich selbst, in: Leben mit Wörtern, S. 73). Einzelgängerdasein schließt für ihn aber nicht die Beziehung zu Kollegen aus, denen er sich „durch Bewunderung und Übereinstimmung verbunden“ fühlt. (ebd. S. 73). Er fühlt sich als 41-Jähriger aufgenommen in den Literaturbetrieb der 50-er und 60-er Jahre.